Angekommen - inmitten der Küchenpraxis - waren wir bereits am ersten Tag der Küchenhelfer-Woche im September.
Wir standen zu dritt vor dem Küchenaltar und brachten gemeinsam ein Räucherstäbchen dar. Bevor wir uns einen Überblick über die anstehende Arbeit verschafften, sprachen wir über das kleine blaue Rollbild, das über dem Altar hängt. Dort stehen 3 gestickte, goldfarbene, japanische Schriftzeichen: daishin, roshin und kishin. Sie stammen aus dem Tenzo Kyokun, den Anleitungen für den Koch von Dogen Zenji.
Wie sie heißen, ist prompt zu beantworten. Was sie für uns bedeuten können, kann sich während der vielen Küchen-Aktivitäten und in unserem (all-)täglichen Sein mehr und mehr entfalten: Es sind der Große Geist, der Elterliche Geist und der Freudvolle Geist. Einer von uns sagte: „Oh, wir sind zu dritt, da kann sich doch jede/r von uns einen Geist für heute aussuchen.“ Also wählten wir jeweils einen der drei Geiste und sagten spontan, was uns im Augenblick dazu einfiel.
Das mag der Geist sein, der so groß und weit ist, dass er frei von Bewertung und so stabil ist, um die Fülle des Ganzen zu überschauen. Es mag die offene Haltung beim Betreten der Küche sein, in der wir nicht wissen, was passieren wird. Denn wir wissen doch tatsächlich nicht, welche Überraschungen auf uns zukommen, bis das Essen einige Stunden später serviert werden kann. Ein Großmütiger Geist hat Vieles bis Alles im Blick! Es ist ein Wechsel in der Absicht, die Dinge unter Kontrolle zu bringen, hin zu der Ausrichtung auf gegenseitige Verbundenheit des Miteinander Kochens.
Welch ein Fest des Augenblickes kann es sein, ohne Vergleich gegenwärtig dem aktuellen Geschmack des heute gebackenen Kekses zu begegnen!
Und können wir uns an den Elterlichen Geist erinnern, wenn wir uns mal wieder dabei ertappen, dass wir uns Lob für unser Tun erhofft haben und uns dabei in den vielen Anforderungen des Alltags verwickelt haben? Oder wohlmöglich einen inneren oder äußeren Ungeduldsanfall hatten? Ein wirklich Elterlicher Geist ist so wunderbar!
Wie gut kann es dann tun, zu der lebendigen Freude zurückzukehren, mit der wir mit allen Sinnen dem begegnen, was vor uns auf dem Schneidebrett liegt: einer Möhre, Zwiebeln, Mangold oder gar einigen Kilos Tofu, die so geschnitten werden wollen, so dass sie das schmale Tor am Ende der Essstäbchen passieren können, ohne beim Essen durch die Lüfte zu flutschen.
Beim Oryoki (dem klösterlichen 3-Schalen-Essen) rezitieren wir täglich: "Unzählige Arbeiten haben uns diese Speisen gebracht. Wisse, wie sie zu uns kommen. Wenn wir diese Gaben erhalten, werden wir bedenken, dass sie unsere Praxis ermöglichen. Mit allem verbunden, so wie es ist, sei frei von Gier, Hass und Verblendung. Wir essen, um unser Leben zu erhalten und um Buddhas Weg zu folgen…"
Können diese Worte gelegentlich einen müden, unlustigen Geist inspirieren und transformieren? In die Richtung dessen, was Dogen wie folgt beschreibt:
"Glücklich solch menschliche Geburt und die Gelegenheit zu haben für Buddha, Dharma und Sangha zu kochen. Unsere Haltung sollte wahrhaftig eine der Freude und Dankbarkeit sein."
(Aus: Tenzo Kyokun S.17)
Wir können uns während der Küchenzeit mit den Finessen des Kochens für Oryoki beschäftigen, so wie ich es hier in der Joho-Küche kennengelernt habe. Lasst uns den Erfahrungsraum zwischen Zunge und Gaumen für die feinen Nuancen der sechs Geschmacksrichtungen und der drei guten Eigenschaften erweitern. Damit die wörtliche Bedeutung von Oryoki schon während des Zubereitens umgesetzt wird und sich dann bei der Oryoki-Mahlzeit durch das Ritual und das Essen selbst fortsetzen kann.
Vor wenigen Wochen sagte Baker Roshi in seinem Dharma Now Talk:
"Be your own Prajna-cook! You cook your karma or you get cooked by your karma!"
Dieser Satz, heruntergebrochen auf die Küchentisch-Weisheits-Ebene, kann soviel bedeuten wie: Das Essen kocht sich von ganz allein, gekocht werden die Köche! Das ist die gute und die schlechte (nein, nochmals die gute) Nachricht in einem Satz.
"You might think, that you are a terrific cook, but now it´s time to do something else. You might think, that you are a terrible cook, but now you have something else to do. A good cook is someone who continues to study how to be a good cook."
- Suzuki Roshi
Fühlt euch also bitte eingeladen, inspiriert und ermutigt zu unserem Küchenhelfer-Programm zu kommen. Im ZBZS werden auch weiterhin Alltagspraxis-Tage stattfinden, denn sie haben sich als gutes Format für diese Covid 19-Zeiten bewährt. Klicke hier, wenn du Interesse hast, am Küchenhelfer-Programm teilzunehmen.
Die Zeit mit den festen Küchenhelfer-Teams sind mir eine Freude und kostbare Gelegenheiten, mit euch viel über die Küchenpraxis zu lernen und weiter zu entwickeln. 3-4 Sangha-Helfer*innen mit im Team zu haben, ist eine realistische Größe. Damit haben wir auch Zeit und Raum, für gutes Essen zu sorgen und darüber hinaus auch für Austausch und Vertiefung über den Pfad von der Zen Küche zum Erwachen von Moment zu Moment.
Ich schaue einem Treffen mit jeder/jedem Einzelnen von euch entgegen.
Bleibt gesund und vergesst euer Lieblingsgericht nicht.
Gassho
Yuki Ulli