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Keizan Dieter verlässt das Zentrum

von
Keizan Dieter Plempe Sensei

In Koan 93 aus dem Buch der heiteren Gelassenheit heisst es: „Das Wunsch-erfüllende Juwel … wird persönlich gewonnen aus der Mine der Verwirklichung von Soheit. Was ist diese Mine?“
Nanquan sagte: „Das in mir, das kommt und geht mit Dir, ist es.“

In den insgesamt 23 Jahren, die ich im ZBZS gelebt habe, ist viel gekommen und gegangen. Ich möchte keine Geschichte des Zentrums schreiben. Die gibt es bereits ausführlich in Saschas Borrées Sangha Chronik. Vielmehr sollen hier nur einige Wechselwirkungen von Dir und mir beleuchtet werden. `Dir´ ist hier ein vager Sammelbegriff für die vielen Einflüsse, die in diesen Jahren gewirkt haben:

Mein Lehrer Zentatsu Baker Roshi, der mir mit genuinen Einsichten, Sichtweisen, Wortgebilden, Gesten, großer Geduld und tiefem Mitgefühl den Dharma näherbrachte.
Die Äbtin Tatsudo Baden Roshi, die mit kristalliner Klarheit Entwicklungsstufen der Praxis herausarbeitete, daraus Praktiken ableitete und die Sangha-Strukturen, nicht nur am ZBZS, nachhaltig positiv weiterentwickelt hat.
Der Lehrer Ryuten Rosenblum Roshi, der für mich ein Beispiel verkörperter Freundlichkeit und Mitgefühl ist.
Der Lehrer Shōsan Weischede Roshi, der mir den Geist des Untersuchens, Infragestellens, Klärens näherbrachte.
Der Laien-Lehrer Tatsugen Welch Sensei, der mir besonders in Krisenzeiten seine Hilfe zuteilwerden ließ.
Die Zentrumsleitung Andrea Anglhuber, die mit Umsicht, Geduld, einzigartiger Herzlichkeit, einem immer offenen Ohr, für das Wohl von Hausbewohner*innen und Gästen sorgt.
Diese Liste könnte weitergehen, alle Hausbewohner umfassend mit ihren für mich herausragenden Eigenschaften, Eigenheiten, alle Freunde*innen, die ich kennenlernen durfte, in ihrem Kommen und Gehen. Hier flossen viele transformative Impulse hinein für die ich tiefe Dankbarkeit empfinde. Ihnen allen gerecht werden zu wollen, würde den Rahmen dieses Briefes sprengen.

Gekommen bin ich 1998 als Student, den Kopf gefüllt mit Vorstellungen, Konzepten von buddhistischen Doktrinen, die sich im Laufe meines Studiums der Sinologie mit dem Schwerpunkt Chan-(Zen-)Buddhismus angesammelt hatten. Ich wollte diese Lehren tiefer verinnerlichen als es im Rahmen der Universitätsausbildung möglich erschien. Zunächst war ich verwundert über die Länge der Zeiten, die besonders den Küchenarbeiten gewidmet waren. Es zog mich dennoch dorthin: dem Schneiden von Gemüse in Stille, der wohltuenden Atmosphäre, den direkten Effekt des Tuns vor Augen, im ganzen Körper zu haben, in einen Prozess der Verkörperung einzutauchen, der bis heute anhält, ohne jemals anzuhalten.

Fukuten, Tenzo, Buchhaltung, kurze Zeit Gästebetreuung und Ino waren die Verantwortungsbereiche, die mir nach und nach übertragen wurden. Lernen geschah langsam, organisch. Und je mehr sich die innere Suche nach verstehen, empfinden, Stille, Klarheit, Mitgefühl entfaltete, desto lauter wurden tiefer sitzende Konditionierungen – „Nicht aufgeben!“, flüsterte eine innere Stimme.
2010 gab ich vorübergehend aufgrund von Schlafstörungen auf, arbeitete in der Altenpflege und kehrte 2014 an das ZBZS zurück. Es war eine sehr offene, herzliche Neuaufnahme seitens der Lehrer und der Hausgemeinschaft.
Seit dieser Zeit hat sich sehr viel verändert. Innerlich haben sich manche Konditionierungen, Identifizierungen aufgelöst, wurden Ideale relativiert, verschoben sich Prioritäten der Praxis, traten lebendige Augenblicke an die Stelle von Ideen, reiften Grade von Klarheit und Mitgefühl.
Äußerlich wirkten sich die meistens von Tatsudo Roshi initiierten Neuerungen personell, strukturell und auf die Lehrangebote aus. Die einschneidendste dieser Veränderungen war wohl die rasante Entwicklung der Online-Komponente. Sie erweiterte das Lehrangebot und bot neue Möglichkeiten, einem kontinuierlichem Praxisstrom zu folgen. Sie umfasst auch die Frequenz der Newsletter und die Vernetzung mit anderen Zentren.
In dieser Zeit multiplen Umbruchs und nun, mit 65, reiften einige Anliegen heran: einem zunehmend schlafbedürftigen Körper einen selbstbestimmten Rhythmus finden zu lassen, das Nervensystem mittels meditieren und vermehrten Asanas, Pranayama (Elemente des Yoga) zu größerer Empfänglichkeit zu führen, anliegenden Praxisimpulsen selbstbestimmte Raum-Zeit zu geben und ohne Zeitrahmen in Texte einzutauchen.
Kurz: ich möchte ruhiger treten. Finanzielle Unabhängigkeit aufgrund eines Erbes machen das jetzt möglich, bevor Alterseinschränkungen dominieren.Ich werde zu ausgesuchten Veranstaltungen und ab und zu als Unterstützung ins ZBZS kommen. Es ist nicht gehen allein, sondern auch neues Kommen.

Mit tiefem Dank an alle, denen ich begegnen durfte und alle, die teilhaben, diesen Praxisort zu nähren.

Gassho

Dieter

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